Nach „klassischer“ Karriere zum „untypischen“ Posten
Helene Rohrbach
Leiterin Pflege- und Empfangsteam Kleintierklinik
Dr. Helene Rohrbach ist seit dem 1. April 2016 Mitglied der Klinikleitung der Kleintierklinik an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern als Leiterin des Pflege- und des Empfangsteams (60%). Seit 2011 ist Helene Rohrbach Oberärztin an der Abteilung für Anästhesie und Schmerztherapie (20%). Sie ist Mitglied beim European College of Veterinary Anaesthesia and Analgesia, bei der Association of Veterinary Anaesthetists, der International Association for the Study of Pain sowie der Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte. Sie ist verheiratet und Mutter eines Sohnes und einer Tochter (4 und 2 Jahre).
Was mögen Sie an Ihrer Arbeit und weshalb arbeiten Sie gerne an der Kleintierklinik der Uni?
An der Anästhesie gefällt mir einerseits, dass es ein sehr technisches Fach ist; man arbeitet mit vielen Geräten und starken Medikamenten. Andererseits brauche ich viel Empathie, weil ich sicherstellen muss, dass die Patientin oder der Patient sich vor und nach einem Eingriff wohl fühlt. Warum Anästhesistin hier an einem Ausbildungsspital und nicht in einer Privatklinik? Ich bin gerne Lehrerin und Organisatorin. Ich habe vielleicht früher zu viel Emergency Room geschaut; die Arbeit in einer grossen Organisation passt mir einfach. Wenn Action ist, und viele Notfälle kommen, das gefällt mir. Das macht mich nicht nervös, sondern lässt mich gut arbeiten. Ich mag also den Ausbildungsfaktor, den Hightechfaktor und den Forschungsfaktor. Bis jetzt habe ich viel profitiert, etwa während meiner Ausbildung an der Vetsuisse – jetzt kann ich Verantwortung übernehmen und so der Fakultät etwas zurückgeben.
Inwiefern unterscheidet sich Ihre Laufbahn von einer „klassischen“ akademischen Karriere?
Komplett! Zumindest auf die jetzige Position bezogen. Klassisch war meine Ausbildung als Anästhesistin: Studium, Dissertation, Arbeit in einem Forschungszentrum in Davos, dann Residency in Anästhesiologie – ohne bestandene Anästhesiologieprüfung hätte ich keine Stelle als Oberassistentin bekommen. Mein letzter Schritt war nun ein PhD. Die Entscheidung danach aber in Richtung Administration zu gehen war auch ein pragmatischer Entscheid, um Familienleben, Job und Ehe unter einen Hut bringen zu können. Die Stelle, die ich jetzt habe, bietet eine Perspektive. Ich habe die Stelle nach intensiven Gesprächen mit meiner Chefin angenommen. Meine Familie und ich haben in Bern Wurzeln geschlagen und mein Mann und ich haben uns entschieden, dass wir beruflich das machen, was von Bern aus möglich ist.
Wie hat Sie Ihr Netzwerk bisher hinsichtlich Ihrer Karriere unterstützt?
Eine grosse Unterstützung war und ist seit 2008 meine Vorgesetzte, Claudia Spadavecchia. Gutes Networking lässt sich auch bei zufälligen Mittagessen betreiben. So habe ich 2010 im Inselspital Urs Eichenberger kennengelernt, mit dem ich anschliessend eine Forschungspartnerschaft entwickelt habe. Schliesslich machte ich auch beim Mentoring-Programm VetMENT mit, da ich den Wunsch hatte, jemanden kennenzulernen, der oder die fachlich nichts mit mir zu tun hatte. Sie haben Max Gassmann von der Universität Zürich für mich als Mentor gefunden. Seine Aussage war klar: Du brauchst Geld, mehr Publikationen und ein besseres, grösseres Netzwerk. Schliesslich hat er sein Netzwerk mit mir geteilt, ich habe einen Grant erhalten und aus der Forschungsarbeit Publikationen erarbeiten können.
Was hat Ihre Karriere weiter begünstigt?
Ich habe Hürden nicht unbedingt als Hürden empfunden. Ich habe mich nicht stressen lassen von den Unsicherheiten, die eine akademische Karriere mit sich bringt. Denn wenn die eine Tür zugegangen ist, dann ist eine andere – innert Jahresfrist – aufgegangen. Ich bin immer getragen worden von einem Urvertrauen, dass es gut kommt.
Gibt es Strukturen in Ihrer Fakultät, die Sie ändern würden?
Der Wert der klinischen Arbeit ist sehr klein. Wer die grossen Gelder bekommt, befiehlt – und das sind in der Tiermedizin andere. Ich frage mich manchmal, ob es nicht sinnvoller wäre, die klinische Ausbildung auszugliedern, wie dies zum Beispiel in der Psychologie der Fall ist. Die machen eine wissenschaftliche Grundausbildung und wer später klinisch arbeiten will, macht auf „privater“ Ebene nachher weitere Ausbildungen. Vielleicht wäre das vernünftiger.
Welche Ratschläge geben Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Bezug auf eine wissenschaftliche Karriere?
Das Interesse an der Sache ist das Wichtigste! Wenn man das nicht hat, dann muss man aufhören! Man muss ehrlich sein mit sich selber. Man darf auch nicht Angst haben, ob man dem entspricht, was von einem erwartet wird. Was das Thema Gleichstellung betrifft, so denke ich, das beginnt zu Hause in der eigenen Partnerschaft und da beobachte ich, dass es einen „Rückschlag“ gibt. Ich bin immer wieder erstaunt über die Ansicht, eine Mutter die 80% arbeitet sei eine Rabenmutter und ein Mann der 80% arbeitet sei ein Weichei in der Firma – und gleichzeitig der Supervater auf dem Spielplatz.
Wie verbringen Sie Ihre Zeit?
Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche: