Im Zickzack zum Ziel

© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Ellen Krause

Leiterin International Office

Dr. Ellen Krause ist Politikwissenschaftlerin und seit 2007 Leiterin des International Office, das auch das Welcome Center umfasst (100%). Sie führt ein siebenköpfiges Team, dessen Hauptaufgaben sind, Berner Studierenden eine Auslandserfahrung zu ermöglichen und zugleich Austauschstudierende an der Universität Bern willkommen zu heissen und zu begleiten. Sie lebt in Partnerschaft und hat einen Sohn (14 Jahre).

 

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit?

Die Rahmenbedingungen für den Studierendenaustausch – eine der Hauptaktivitäten des International Office – haben sich während der vergangenen zehn Jahre immer wieder verändert, was die Arbeit abwechslungsreich und spannend gemacht hat. Zu Beginn habe ich den regelmässigen Kontakt mit den Studierenden vermisst. Nun freue ich mich jeweils zu Semesterbeginn, wenn die Austauschstudierenden nach wochenlanger Vorbereitung tatsächlich in Bern ankommen. Dann wird es sehr lebendig mit sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten und Sprachen und einer Vielzahl von kleinen und grossen Fragen und Sorgen. Gegen aussen ist manchmal schwer vermittelbar, welche Umwege wir im Hintergrund machen müssen, um zum Beispiel bei Visumsanträgen zu unterstützen. Mit der Einrichtung des Beratungsservice des Welcome Centers haben wir auf ein dringendes Bedürfnis reagiert und Pionierarbeit in der Schweizer Hochschullandschaft geleistet. Ein Highlight des aktuellen Jahres war das Kolloquium zu interkulturellem Lernen im Auslandssemester als Auftakt unseres Mentoringprojekts MILSA.

Wie sieht Ihr beruflicher Werdegang aus?

Der verlief bei mir im Zickzack-Kurs: Auf den Masterabschluss in Politikwissenschaft folgten zwei Jahre Wissenschaftsmanagement, dann Assistenzzeit mit Doktorat, dann wieder wissenschaftsnahes Management, dann ein Lehrbuchprojekt. Dieses Hin und Her war einerseits Folge meiner Selbsteinschätzung – nach der ich trotz Freude an der Lehre nicht unbedingt eine hervorragende Forscherin geworden wäre. Andererseits waren diese Sphärenwechsel auch bedingt durch die Jobsituation jener Zeit – es gab fast keine offenen Stellen im Wissenschaftsbetrieb, schon gar nicht für meine brotlosen Künste.

So fiel die Entscheidung an mehreren Weggabelungen jeweils zugunsten der damals seltenen Dauerstellen. Zum Beispiel habe ich einer einjährigen DAAD-Professur in der USA die unbefristete Stelle in einer internationalen Netzwerkorganisation der Universität Tübingen vorgezogen. Dort habe ich wichtige Kompetenzen für meine heutige Tätigkeit erworben. Die nächste Station war die Universität Erfurt. Es ging um den Aufbau einer zentralen Struktur zur Forschungsunterstützung. 2006 bewarb ich mich bei der Universität Bern. Sicher wirkten meine Erfahrung im internationalen Wissenschaftsmanagement und meine persönliche Mobilitätserfahrung sowie Sprachkenntnisse zu meinen Gunsten: Während des Studiums war ich ein Jahr in Frankreich und als Doktorandin konnte ich als Assistant Professor an der Universität Denver unterrichten.

Mit welchen Hürden waren Sie konfrontiert?

Ich war sicher nicht prädestiniert für den akademischen Weg: Als Kind hatte ich keine Vorstellung von einer Universität und meine Familie fragte sich, was es da dauernd zu lernen gebe. Ich hatte also kein familiäres Mentoring. Institutionalisiertes Mentoring gab es damals auch noch nicht. Vielleicht hätte ich die wissenschaftliche Karriere sonst zielgerichteter verfolgt.

Auch die Promotion war in den 90er-Jahren eine sehr einsame Geschichte. Durch die Assistenzstelle war ich zwar bescheiden finanziert und in den Wissenschaftsbetrieb eingebunden, aber für die Dissertation gab es kaum Austausch – heute ist das fast nicht mehr vorstellbar.

Bevor ich mit meiner kleinen Familie nach Bern gekommen bin, haben wir drei Jahre in Erfurt gelebt. Dort waren die aus DDR-Zeiten herrührenden Betreuungsangebote noch weitestgehend intakt gewesen. Das bedeutete lange, verlässliche Betreuungszeiten und hochwertige Pädagogik zu einem Preis, der hier als kleine Gebühr empfunden würde. Mein Partner und ich, wir konnten beide 100% arbeiten. Teilzeitarbeit war gar kein Thema. In Bern habe ich dann auch eine Vollzeitstelle angenommen, aber die entsprechenden Strukturen fehlten. Noch Ende der 2000er-Jahre gab es wenige Kitas und die Betreuungszeiten waren knapp bemessen. Nachmittags musste man vor 17 Uhr den Stift fallen lassen und losspringen. Auch die Diskussionen über die «Fremdbetreuung» – ein Begriff, den ich befremdlich finde – waren überraschend konservativ. Als Schwierigkeit kam hinzu, dass mein Partner, der mir vorher schon nach Erfurt gefolgt war, in der Schweiz nicht sofort eine Stelle fand. Wenn wir gewusst hätten, wie schwierig sich die ersten Jahre hier gestalten würden, wären wir wohl nicht nach Bern aufgebrochen.

Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich für die Universität Bern?

Insbesondere beim Thema Vollzeiterwerbstätigkeit wünsche ich mir noch Entwicklung. Vieles ist schon im Gange, aber die Universität Bern könnte als Wissenschaftsbetrieb eine Vorbildfunktion übernehmen. Und nicht nur punkto Teilzeitarbeit für Väter, sondern auch punkto Vollzeitarbeit für beide Eltern. Es geht also um die Betreuungszeiten. Ich würde es sehr begrüssen, wenn es Einrichtungen gäbe, die auch abends offen und für Notfälle ausgerüstet sind. Denn Teilzeit ist sicher nicht der Königsweg, um sich in der Wissenschaft zu etablieren.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von E. Krause, Universität Bern
© Christa Heinzer