Mit Baby im Seminar
Susanne Reffert
Förderprofessorin für Theoretische Physik
Prof. Dr. Susanne Reffert erforscht im Rahmen einer Förderprofessur des Schweizerischen Nationalfonds am Institut für Theoretische Physik supersymmetrische Eichtheorien und String Theorie (100%). Ihr Mann forscht als Postdoc in derselben Gruppe. Zusammen haben sie zwei Kinder (1 und 4 Jahre alt).
Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders?
Ich arbeite an meinem eigenen Forschungsprojekt, was mich sehr interessiert. Es war eine super Neuigkeit für mich, als mir 2015 vom Schweizerischen Nationalfonds eine Förderprofessur zugesprochen wurde. Mit den Projektmitteln konnte ich meine eigene Gruppe aufbauen. Für weiterführende Stellen ist dies sehr wichtig, da ich Erfahrung darin sammeln kann, eine Gruppe zu führen. Ich habe zum Beispiel eine grosse Verantwortung für meine Doktorierenden. Diese stehen am Anfang ihrer Karriere und werden stark davon geprägt, was ich ihnen an Projekten gebe.
Mit welchen Herausforderungen waren Sie auf Ihrem Karriereweg konfrontiert?
Als Dual-Career-Couple ist es sehr schwierig, am gleichen Ort zwei Stellen zu finden. Als wir beide Vollzeit an unterschiedlichen Orten arbeiteten – mein Mann an der Ecole Normale Supérieure in Paris und ich am CERN in Genf – war ich praktisch alleinerziehend. Das war nicht leicht. Als unser zweites Kind geboren wurde, war die wichtigste Überlegung, dass wir am gleichen Ort arbeiten können – die Position war dabei sekundär. Mein Mann arbeitet zwar jetzt als Postdoc in Bern, beruflich muss er im Moment aber zurückstecken.
Was sind für Sie die Vorteile Ihres Arbeitsmodells?
Als Forschende sind wir relativ flexibel in der Gestaltung der Arbeitszeit und als Theoretikerin kann ich eigentlich überall arbeiten. Das hilft mir stark dabei, Kinder und Karriere zu vereinbaren. Mein Mann und ich können uns so flexibel in unseren Elternaufgaben abwechseln. Ich bin es gewohnt, jeden Tag über theoretische Physik nachzudenken und es wäre für mich zum Beispiel unnatürlich gewesen, das nach der Geburt der Kinder einfach für vier Monate abzulegen. Also nahm ich das Baby auch mit an Seminare, und habe zu Hause an meinen Projekten weitergearbeitet in dem Mass, in dem das möglich war. Entweder nicht hingehen, oder mit dem Baby hingehen, das war die Wahl. Wenn es aufgewacht ist und geschrien hat, dann bin ich eben hinausgegangen. Dazu hat sich nie jemand negativ geäussert.
Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich an den Universitäten?
Das Wichtigste wären von mir aus gesehen Dual-Career Massnahmen, also dass man dem Partner oder der Partnerin auch eine Stelle anbietet. Sowohl für die Forschungstätigkeit als auch für die Familie wirkt es sich negativ aus wenn die Familie nicht am gleichen Ort wohnen kann. Da müsste auch schon vor der Professurstufe angesetzt werden, denn wenn man schon Probleme auf dem Postdoc-Niveau hat, kommt man gar nicht erst auf dem Professurniveau an. Die Zuschüsse für Kinderbetreuung während Konferenzen welche die naturwissenschaftliche Fakultät anbietet finde ich auch gut. Es wäre sicher auch nützlich, solche Massnahmen weiter auszubauen.
Ohne die zusätzliche Unterstützung unserer Eltern wäre für uns allerdings der wissenschaftliche Alltag schwer zu schaffen. Meine Mutter ist zum Beispiel im Sommer drei Wochen mit nach Japan und zwei Wochen mit nach Amerika gekommen. Während mein Mann und ich an Workshops teilgenommen haben, hat sie die Kinder tagsüber betreut. In den meisten Fällen kann man aus Karrieregründen nicht einfach das Pensum reduzieren, dafür ist der Konkurrenzdruck viel zu gross. Die Berufungskommission sagt bei der Vergabe einer Professur ja nicht: ,Ach ja, sie hatte Kinder, die Ärmste, da müssen wir eine Ausnahme machen!’ So läuft es in der Wissenschaft nicht.
Welche Ratschläge geben Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs?
Den idealen Zeitpunkt zu finden, um Kinder zu bekommen, ist für Wissenschaftlerinnen wirklich schwierig. Idealerweise sollte man die Kinder bekommen, wenn man bereits eine feste Stelle hat. Aber klar, als Frau kann man nicht ewig warten, das geht oft zeitlich nicht auf. Es ist aber trotzdem besser, wenn man sich in seinem Gebiet schon etablieren konnte und eine Publikationsliste vorweisen kann. Wenn man dann einmal für ein Jahr etwas weniger produktiv ist, dann fällt das nicht so ins Gewicht wie zu Beginn der Karriere.