Etwas mehr Ruhe nach dem Pendeln

© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Tina Hascher

Professorin für Schul- und Unterrichtsforschung

Prof. Dr. Tina Hascher ist Vize-Dekanin der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät, Ordentliche Professorin am Institut für Erziehungswissenschaft, Abteilungsleiterin / Leiterin der Abteilung für Schul- und Unterrichtsforschung (100%), Leiterin mehrerer SNF-Projekte, stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, stellvertretende Vorsitzende des österreichischen Qualitätssicherungsrats für Pädagoginnen- und Pädagogenbildung.

 

Was gefällt Ihnen besonders an Ihrer Arbeit?

Insbesondere gefällt mir die intellektuelle Herausforderung, die an der Universität gegeben ist. Auf allen Ebenen wird Denken erfordert und wertgeschätzt, sei es in der Forschung, in der Lehre, in der Nachwuchsförderung oder in der Dienstleistung. Überall sind Ideen, Wissen sowie Expertise gefragt. Neben diesem intellektuellen Austausch, bereitet vor allem die Zusammenarbeit mit unserem Team, insbesondere mit den Nachwuchswissenschaftler/innen Freude. Menschen in ihrem Bildungs- bzw. Weiterbildungsprozess und im weitesten Sinne in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen, empfinde ich als Bereicherung. Es gibt mir Sinn und Erfüllung, für die Bildung der Menschen auf Hochschulebene mit einem gewissen Freiheitsgrad mitverantwortlich sein zu dürfen.

Wie verlief Ihre akademische Laufbahn?

Aufgrund meiner Wahl der ursprünglich studierten Fächerkombination, nämlich Hauptfach Psycholinguistik und Nebenfächer Psychologie und Sonderpädagogik, konnte ich keine klassische akademische Laufbahn antizipieren. Wenn ich schon damals geplant hätte, eine akademische Laufbahn einzuschlagen, dann wären andere Fächer wohl besser geeignet gewesen. Ich habe meinen Berufseinstieg an der Universität mit persönlicher Bildung und fachlichem Wissen verbunden und nicht mit einer Karriere. Die gewählte Fächerkombination ermöglichte mir, mich mit total spannenden Themen, nämlich Sprache, Entwicklung und Bildung, in interdisziplinären Arbeitsfeldern auseinanderzusetzen. Nach einzelnen Stellenwechseln in Deutschland und der Schweiz sowie jahrelangem Pendeln zwischen Österreich und der Schweiz ist mit der Stelle als Professorin für Schul- und Unterrichtsforschung an der Universität in Bern etwas mehr Ruhe in mein Leben eingezogen, aber das Arbeiten in drei Ländern (z.B. durch meine Expertinnentätigkeit in Deutschland und Österreich) bereitet mir immer noch viel Freude.

Mit welchen Hürden waren Sie konfrontiert? Haben Sie von unterstützenden Massnahmen profitiert?

In einigen Phasen hatte ich ein Coaching und mein Partner, der promovierter Arbeitspsychologe ist, hat mich auch immer gut beraten, aber ich musste meine Unterstützung immer selbst organisieren. So gab es beispielsweise zu meiner Zeit noch keine strukturierten Doktoratsprogramme, Summerschools oder Workshops, die sich gezielt an den Nachwuchs richten. Zudem war damals ein Wechsel aus dem akademischen Feld in die Privatwirtschaft schwieriger. Ich denke, heutzutage sind durch die Akademisierung die Anforderungen im freien Markt angestiegen, was den Übergang von der akademischen Berufswelt in die Privatwirtschaft erleichtert.

Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich an den Universitäten?

Ich würde mir bessere Bedingungen zur Verbindungen von Wissenschaft mit ihrer kompetitiven Exzellenzorientierung und der gesamten Persönlichkeitsentwicklung wünschen. Dazu müssten mehr Flexibilität, mehr Freiräume oder prinzipiell noch mehr Unterstützung geboten werden. Zudem müssten noch bessere Kinderbetreuungsmöglichkeiten existieren, denn aus eigener Erfahrung ist es für biographische Entscheidungen sehr wichtig, ob man genügend Unterstützung hat und sich zutraut, eine Familie zu gründen oder eben nicht.

Welche Tipps geben Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Ihrem Gebiet in Bezug auf eine wissenschaftliche Karriere?

Als Nachwuchswissenschaftler/in ist es sinnvoll, früh zu klären, wofür die Dissertation absolviert werden soll. Die drei bis vier Jahre sind zwar anspruchsvoll, jedoch bieten sie sehr gute Lernchancen. Für eine Dissertation ist ein hohes Mass an Ungewissheitstoleranz von Nöten und diese Qualifikationsphase ist sehr anspruchsvoll, weshalb es sicherlich ratsam ist, zusätzliche Herausforderungen oder Belastungen so gering wie möglich zu halten. Die Dissertation sollte aber unbedingt als eine Investition in die Zukunft betrachtet werden.