Knappe Zeit für Forschung

© Universität Bern. Bild: Daniel Rihs

Fred Mast

Professor für Kognitive Psychologie, Wahrnehmung und Methodenlehre

Prof. Dr. Fred Mast ist Dekan der Philosophisch-humanwissenschaftlichen Fakultät, Ordentlicher Professor am Institut für Psychologie, Leiter der Abteilung Kognitive Psychologie, Wahrnehmung und Methodenlehre (100%). Verheiratet mit Marianne Schmid Mast, Ordentliche Professorin an der Universität Lausanne (100%), zwei Kinder (8 und 15 Jahre).

 

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders?

An unserem Institut haben wir eine kollegiale Atmosphäre, man akzeptiert sich gegenseitig. Das ist nicht selbstverständlich. Die Universität Bern als Volluniversität ist für mich auch ein guter Forschungsstandort mit idealen Kooperationsmöglichkeiten. Als Dekan bekomme ich zudem momentan Einblick in die Struktur der Uni, und ich brauche ganz andere Fähigkeiten. So muss ich mich vermehrt einbringen und die Interessen von anderen vertreten. Durch diese Zusatzbelastung wird die Zeit für Forschung leider noch knapper, was mich manchmal ärgert. Ich versuche dann, mir Zeit für die Forschung zu schaffen, indem ich andere Geschäfte speditiv erledige. Ganz besonders schätze ich an meiner Arbeit, dass ich mit jungen, intelligenten Leuten zusammen forschen darf.

Wie verlief Ihre akademische Laufbahn?

Mir ist früh klar geworden, dass ich geografisch mobil und flexibel sein muss. Deshalb habe ich mich auch international beworben und war bereit, überall hin zu gehen. Ich empfand das nicht als Opfer, sondern als Bereicherung. Meine Karriere ist dann ziemlich geradlinig verlaufen. Natürlich gab es unsichere Zeiten aufgrund befristeter Stellen, aber es ist immer irgendwie weitergegangen. Ich habe auch von einer SNF-Förderungsprofessur profitiert, bevor ich meinen ersten Ruf bekam und die Unsicherheit damit aufhörte.

Prägend war sicher ein Erlebnis, als ich als 28-jähriger Assistent plötzlich die Verantwortung für eine ganze Vorlesung vor 400 Studierenden übernehmen musste. Ich habe da sehr viel Zeit investiert, das war eine grosse Belastung. Obwohl ich das jüngeren Assistierenden nicht empfehlen würde, war es rückblickend eine wertvolle Erfahrung und ich habe unheimlich viel gelernt und auch Selbstvertrauen gewonnen. Danach wusste ich, dass ich sämtliche Aufgaben in der Lehre mit Erfolg bewältigen kann.

Mit welchen Hürden waren Sie konfrontiert und wie haben Sie diese überwunden?

Die Unikarriere war immer mein Ziel, Alternativen ausserhalb der Uni erschienen mir nicht besonders attraktiv. Ich empfand die damit verbundenen Anstrengungen deshalb auch nicht als Belastung. Da meine Frau und ich beide 100% arbeiten war für uns immer klar, dass wir die Kinder tagsüber fremd betreuen lassen. Das ist natürlich mit einem grossen finanziellen Aufwand verbunden. Bei der Suche nach einer Schule, die den nötigen Rahmen bietet, sind wir ziemlich schnell bei einer Privatschule gelandet. Diesbezüglich war es in den USA einfacher, wo unser erstes Kind zur Welt kam. „Dual-Career Couples“ sind dort keine Seltenheit – auch aus ökonomischen Gründen müssen oft beide Elternteile arbeiten – und demgemäss findet sich viel leichter eine geeignete Betreuungsinfrastruktur.

Die Abende teilen wir uns auf, mal arbeite ich lange, mal meine Frau. An zwei bis drei Abenden pro Woche sind wir alle gemeinsam zum Abendessen zu Hause. Zum Frühstück sind wir jeden Tag zusammen, bringen danach die Kinder zur Schule und am Wochenende unternehmen wir etwas mit den Kindern. Die flexiblen Arbeitszeiten an der Uni kommen uns natürlich entgegen. Steht einmal viel Arbeit an, arbeiten wir mehr und profitieren dann in ruhigeren Zeiten von mehr Freiheiten. Klar gab es früher vereinzelt kritische Bemerkungen bezüglich der hochprozentigen Fremdbetreuung der Kinder. Diese richteten sich vor allem an meine Frau – Männer bekommen selten solche Kommentare.

Welche strukturellen Veränderungen wünschen Sie sich an den Universitäten?

Ich würde mir mehr Flexibilität bei den Forschungssemestern wünschen. Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass man sich um Sabbaticals bewerben kann, wenn man gerade ein grosses Projekt hat, oder dass man sich durch ausserordentliche Leistung ein Forschungssemester verdienen kann. Zudem sollte das Gleichgewicht zwischen Forschung und Lehre ausgeglichen sein, auch Dozierende können hervorragende Lehre machen und dadurch die Professorinnen und Professoren entlasten. Es ist wichtig, dass den Professorinnen und Professoren genug Zeit zum Forschen bleibt, weil dies ein wichtiger und viel beachteter Leistungsausweis der Uni gegen aussen ist.

Welche Ratschläge geben Sie dem wissenschaftlichen Nachwuchs in Bezug auf eine wissenschaftliche Karriere?

Wenn man eine Unikarriere anstrebt muss man sich bewusst sein, dass man viel Zeit investieren muss. Man sollte deshalb wirklich angefressen sein von der Forschung und nicht Stunden zählen. Deshalb sollte man aber nicht auf ein ausgeglichenes Leben verzichten. Ich rate davon ab, Kinder und Karriere gegeneinander abzuwägen; man sollte Kinder haben, wenn man will! Natürlich erfordern Kinder massive Verschiebungen in der Organisation, aber man wird dadurch auch effizienter und lernt selber viel dabei.

Wie verbringen Sie Ihre Zeit?

Prozentual Stunden pro Tätigkeit in einer durchschnittlichen Woche:

Zeitdiagramm von F. Mast, Universität Bern
© Christa Heinzer